Freitag, 26. Februar 2016

Geschichte der Kolonie


















Stahl am Karaman war eine deutsche Kolonie, die am 9 Juli 1766 auf der Wiesenseite der Wolga entstanden war. Das Dorf lag auf der rechten Seite des Flusses Großer Karaman in etwa 10 km. Luftlinie zu Wolga und war eine so genannte Kronen-Kolonie. Die ersten Kolonisten kamen im allgemeinen aus Süddeutschland(siehe die Liste der ersten Siedler). Im Laufe der ersten Jahre sind einige Siedler weggezogen, andere zogen wiederum aus den Nachbardörfern nach Stahl. Da die Wiesenseite in der Nähe des Flusses einen Sumpfboden aufwies und reich an Vegetation war, hatten die Siedler die Wiesen als Viehweide benutzt. Der an die Wiesen anschließende Steppenboden wurde für den Getreideanbau benutzt. Später kam noch der Anbau von Kartoffeln, Sonnenblumen und auch reiche Wassermelonen-Ernte dazu. Die Häuser waren aus Holz und mit einem Zaun versehen. Üblicherweise hatten die meisten Höfe Getreidespeicher, einen Stall, Vorgärten mit Gemüse, viele Kolonisten hatten auch Obstgärten. Amtlich gehörte Stahl zum Gouvernement Samara, Ujesd Nowousensk, Kreis Krasnojar. Am 26 Februar 1768 hatte die russische Verwaltung ein Gesetz herausgegeben, das allen deutschen Kolonien einen russischen Namen vorgab. So hieß Stahl fortan für viele Jahre offiziell Swonarew Kut. Am Anfang gehörte Stahl zu Kirchengemeinde von Rosenheim, wo es eine ev.- lutherische Kirche gab, später bekam Stahl eine eigene Kirche. Stahl am Karaman hatte 2 Schulen - eine staatliche und eine kirchliche. Einer der Lehrer in Stahl am Karaman war Johann Georg Möhring, der vom Oktober 1775 bis Februar 1781 in der Kolonie lebte und seine Memoiren über die Einwanderung nach Russland und die ersten Jahre seines Lebens an der Wolga verfasste. Es ist auch bekannt, dass es in Stahl 8 Windmühlen gab. 1798 gab es im Dorf einen Schmied, 2 Schuhmacher, einen Weber, einen Hutmacher und 2 Maurer. Mit der Gründung der ASSR der Wolga-Deutschen und der Teilung der Republik in Kantone, bekam das Dorf wieder seinen alten Namen Stahl zurück und gehörte bis 1941 zum Kanton Krasnojar. Außerdem war Stahl der Verwaltungssitz des Dorfsovjet Stahl, zu dem noch Außenposten Metschetka und Dreißigergraben, Obst-Gärten, Waldwache und das Dorf Schulz mit seinem Außenposten Metschetka gehörten. Heute heisst das Dorf Swonarewka und gehört zum Gebiet Saratow, Rayon Marksowski.


















Beschreibung der Wiesenseite

Das linke Ufer der Wolga ist niedrig und flach, nur allmählich erhebt sich das Land und liegt endlich vor dem Auge als weite, unendliche, unübersehbare, ebene Steppe; da ist kein Berg und kein reißender Waldbach, da ist kein Stein und kein Kiesel, auch kein Baum und kein Strauch weit und breit zu sehen, - nichts als Ebene und immer wieder Ebene, bald mit grünerem, üppigem Gras bewachsen und mit Blumen übersäet, bald in reichen Kornfeldern ihre Fruchtbarkeit an den Tag legend. Nur hie und da hat sich zur wasserreichen Frühlingszeit ein angeschwollener Steppenbach einen tiefen Schluchtweg in den lockeren Erdboden gewühlt, je näher aber zum Sommer, desto mehr verschwindet das Wasser, bis es schließlich entweder nur in einzelnen tieferen Graben und Teichen zu finden ist, oder matt und träge dahinschleicht durch mächtiges Schilf und versumpftes Röhricht. Nur wenig Flüsse, die ein tieferes Bett und einen längeren Lauf haben, können bis in den Herbst hinein strömendes klares Wasser auf ihrem Grunde aufweisen, - solche sind’s denn auch, an deren hohen, steilen Uferrändern noch Laubwald anzutreffen ist, ein herrliches Gottesgeschenk auf baumloser Steppe. Dieses ganze, weite Land ist die sogenannte Wiesenseite der Wolga.



















Ein typisches Kolonistenhaus wurde aus Holz oder Lehmziegeln gebaut. Holzhäuser baute man auf einem Steinfundament, das etwa die Höhe von 70 bis 100 cm hatte. Das Kolonistenhaus wurde als Einzel- bzw. Doppelhaus gebaut und war in der Regel etwa 4,5 Meter breit und 14 bis 20 Meter lang.Die Innenhöhe betrug ca. 2,3 Meter. Das Einzelhaus bestand aus zwei Räumen - einem Wohnraum und einer Diele, die gleichzeitig als Küche diente. Die Eingangstür führte direkt zur Küche. Die Decke wurde aus Holzbrettern gebaut, die auf einem dicken Mittelbalken und den Außenwänden lagen. Auf die Holzbretter wurde eine dicke Schicht Lehm aufgetragen. Die vielen Holzfenster wurden mit Fensterläden verziert. In die Öffnung der Raumzwischenwand wurde ein großer Ofen eingebaut, der auf einem Fundament aus den gebrannten Klinkern stand. In den Ofen wurden 2 Kessel aus Gusseisen eingebaut. Das Essen wurde auf den Herd zubereitet. Der Ofen wurde mit Lehm bestrichen und weiß gekalkt. Der Fußboden und die Wände im Haus wurden ebenso mit Lehm bestrichen.